Rainer Jacob, 1970 in Jena geboren, ist gelernter Bildhauer und studierte bis 1992 an der HfBK Dresden Malerei und Grafik. Er trägt seine Kunst gerne in den öffentlichen Raum. Dies sei der Ort, an dem Kunst ihre Kraft entfalten kann. Wiederkehrende Motive sind Steckdosen, Heizkörper, QR-Codes und das Duchamp´sche Pissoir. Selbige, aus Eis gefertigt, kleben an Häuserwänden öffentlicher Plätze und dematerialisieren sich in der Zeit. Die Vergänglichkeit der Eisskulpturen und “Eissticker” rückt Jacobs Form der StreetArt in den Bereich des Fluxus und der Aktionskunst. Themen seines Oevres sind gesellschaftliche Ungleichheit, unsere Wahrnehmungsaxiome und die Idee der Originalität von Kunst an sich.

Seine Eisobjekte - Steckdosen oder Radiatoren - sind sämtlich der Sphäre menschlicher Technologie entnommen, die sich ab dem späten 19. Jahrhundert als ubiquitäre Gegenstände im Alltag verbreiteten. Heizkörper oder Pissoir sind heute Formen der Alltäglichkeit. Absurd wird es, wenn sie fehlen. Jacobs Eissticker verweisen auf diesen Mangel und erzeugen Irritation in der Konvention. Ein Eisradiator neben einem schlafenden Obdachlosen, der sich an dem Lüftungsschacht der Pariser Métro wärmt, ist eine Reminiszenz auf den Mangel im Überfluss.

Eine Dopplung entsteht, da ein junger Mann lediglich den Radiator ablichtet, ohne den Obdachlosen ins Bild mit einzubeziehen: Jacob wirft die Frage nach der Blick- und Darstellungsmacht auf: “Durch diese übereinander liegenden Ebenen des mehrfachen Abbildens sowie das Teilen der Bilder von den verschiedenen Zuständen des Eisobjekts in den sozialen Medien durch verschiedene Personen entsteht ein sich veränderndes Gesamtwerk, das ´Besitzen`, ´Haben`, ´Eigentum` und ´Teilen` hinterfragt.”

Auch in “BLIND”, eine blind geschaffene Skulptur, die der Zuschauer nicht sehen, sondern nur fühlen kann arbeitet mit dieser Ebene. Realität und mediale Wahrnehmung sind wechselseitig durchdrungen: Jacobs Kunst im öffentlichen Raum spielt mit dieser Feststellung.

Der “Welt als Phantom und Matrize” kann durch Jacobs vergängliche Kunst der Spiegel vorgehalten werden. Bleibt zu fragen, ob diese Spiegelung nicht selbst erneut zum Abbild wird.


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